Maria – Mutter einer missionarischen Kirche
Heilige Maria, du weisst, dass jede Sendung die erlösende Menschwerdung deines Sohnes weiterführt.
Gib, dass wir – als Christen in unsere arme Zeit gesandt –
den wahren Sinn dieser Menschwerdung und Erlüsung erkennen.
Gib, dass wir uns in die Tiefe dieser Welt hineingeben,
um dorthin das Wort Gottes – gelebt mit der ganzen Kraft unseres Herzens – zu bringen.
Lass uns begreifen, dass dieser Menschwerdung zu folgen
nicht heisst die Gnade dieser Welt anzupassen,
sondern der Welt ein so mächtiges und neues Leben zu verleihen,
dass sie dadurch neues und junges Leben gewinnt.
Hilf uns, Christus nicht das Format der Welt zu geben,
sondern die Welt zu erhoehen zum Format Jesu Christi.
Lass uns verstehen, dass die zweite Zeit der Menschwerdung
die Rueckkehr zu Gott ist aus einer Welt, in die Gott gekommen ist.
„Gott ist Mensch geworden, damit der Mensch göttlich werde.“
Bei dir nahm die Menschwerdung ihren Anfang,
bei dir, dem ersten und ganz erloesten Menschen.
Lehre uns, alles „in Christus zu erneuern“,
in Christus, dem Gekreuzigten.
Lehre uns, keinen anderen Glücksrezepten zu glauben,
ausser denen der Seligpreisungen,
unseren unglaeubigen Zeitgenossen nicht einen Messias vorzufuehren,
den Christus abgelehnt haette, einen Messias,
der im Überfluss lebt und von allen Beifall bekommt.
Du hieltest das Krippenkind und den Toten vom Kalvarienberg in deinen Armen.
Lass uns nicht vor Scham erroeten ueber die Armut deines Sohnes und über sein Kreuz.
Vor allem aber, heilige Maria, Mutter Gottes,
sei unser Raum der Gnade, das Schweigen,
wo das Wort Gottes ohne Veränderung und Abweichung uns wird ergreifen können,
die Verfügbarkeit, wo der Heilige Geist die missionarischen Menschen formen wird,
die wir sein müssen.
(Madeleine Delbrêl, 1943)
aus:
Marianne Schlosser (Hg.),
Es haucht die Nacht ein neues Licht.
Der weihnachtsliche Festkreis in Gebeten und Betrachtungen,
St. Ottilien 2020, S. 165 - 166